HITTMANHITTMAN
 HITTMANHITTMAN
 

Manchmal wird man sogar noch überrascht… und das noch von einer Band, die damals aktiv war und sich nach langer Zeit wieder zusammengefunden hat, um was Neues zu machen. Wenn diese neuen Songs dann das Beste sind, was die Band in ihrer Karriere gemacht hat, dann ist die Überraschung perfekt. Ins positive Bild paßt dann auch noch, daß die Jungs auf meine Facebook-Nachricht innerhalb von wenigen Sekunden (!) geantwortet und die einen Tag später gemailten Fragen am nächsten Tag beantwortet haben. Genießt das Interview mit den famosen Hittman, here we go:

 

 

Laßt uns in der Vergangenheit beginnen – denkt Ihr, daß aufgrund der Tatsache, daß Euer Debut in den USA nur als Import zu bekommen war, Eure Karriere gestoppt wurde, bevor sie richtig losgehen konnte oder wart Ihr froh, auf einem deutschen Label auf dem starken europäischen Markt repräsentiert gewesen zu sein?

 

Dirk (Kennedy – voc): Hallo! Nun, wir wurden nicht von einem deutschen Label gesignt. SPV hatte ein Büro in den USA eröffnet und dieses wurde von Mike Schnapp geleitet, den wir kannten und sehr mochten. Sie hatten Distribution und alles, was dazu gehört. Wie auch immer, am Tag, als unser Debut erschien, wurde SPV USA geschlossen und unser Album hing erstmal für einige Monate in der Schwebe. Wir waren darüber sehr enttäuscht, da es unser Timing komplett gekillt hat. Wir mußten nun einen Vertrag in den USA bekommen, was uns aufgrund der Tatsache, daß wir durch unseren Vertrag bei SPV auch in den USA gebunden waren, in eine eher bescheidene Lage brachte. Wir bekamen dann in der Tat einen Major-Deal bei Polygram, aber SPV verlangte 1 Mio Dollar, um uns aus dem Vertrag zu entlassen, was zu einem sehr schlechten Verhältnis zwischen uns und SPV führte.

 

Jim (Bacchi – g): Ja…die ganze Sache mit SPV USA hat uns alles versaut. Schlußendlich lizensierten sie die Platte an Roadracer. Rückblickend hätten wir besser mit Roadracer zusammengearbeitet, die einen recht guten Job bei der VÖ unserer Platte in den Staaten machten, aber wir waren halt geblendet vom möglichen Major-Deal und entschieden uns, uns das von SPV nicht gefallen zu lassen, anstatt mit Roadracer zusammenzuarbeiten. Das war eine sehr wertvolle Lektion…Work with what you have, not what you MIGHT get.

 

 

Warum gab es keine Tour? Ich kann mich an viele andere US-Bands erinnern, die alle hier getourt haben wie Possessed, Crimson Glory oder Leatherwolf, hat Euch das Label hier nicht unterstützt? Wenn ich mich recht erinnere, wurden damals mit Konzerten die Plattenverkäufe angekurbelt, wo ist dann der Sinn, eine Band nicht auf Tour zu schicken, um mehr Platten zu verkaufen? Vielleicht sollte ich das beim Label fragen….wie ist Eure Einschätzung dazu?

 

Dirk: Erneut – SPV. Wir erhielten Null Support für das Album. Obwohl es überall gute Kritiken erhielt und wir es sogar aufs Cover vom Kerrang geschafft haben, entschieden sie aus irgendeinem Grund (den nur sie kennen), uns nichts zu geben, keine Hilfe für Tourneen, Budget für ein Video etc. We were dead in the water.

 

Jim: Wir gingen rechtlich gegen SPV vor (nochmal, rückblickend eine schlechte Idee), ich glaube, wir haben zu diesem Zeitpunkt nicht mal mehr mit ihnen gesprochen. So sehr ich sie für all das verantwortlich mache, so viel Schuld gebe ich uns selbst auch. Hätten wir uns dazu entschieden, die Situation anzunehmen, wie sie war, wir mit Roadracer und SPV in Amerika bzw Europa zusammengearbeitet hätten, hätten wir unsere rechtliche Lage bis zur nächsten Platte vielleicht klären können. Again….lesson learned.

 

 

Was ist in der Zeit bis „Vivas Machina“ (erschien 1993) passiert? Würdet Ihr zustimmen, wenn ich sage, daß es in einer Zeit erschienen ist, in welchem kein Metal-Album, ganz egal ob es gut oder schlecht war, eine Chance gehabt hat? Dies waren die 90er….diese verdammte Dekade, in welcher anscheinend niemand mehr Metal hören wollte…

 

Dirk: Ach ja, die 90er….Nirvana, Pearl Jam, C+C Music Factory (US-Dance-Music-Band – Frank). LOL. Wir versuchten, unsere rechtlichen Angelegenheiten zu klären, was uns Jahre gekostet hat. In dieser Zeit hatte sich der allgemeine musikalische Trend völlig geändert and so did we for better or worse... Wenn es 1990 erschienen wäre, hätte das Album vielleicht eine Chance gehabt. Es lag stilistisch zudem zu weit weg von unserem Debut, um welche Fans auch immer wir hatten, zufrieden zu stellen.

 

Jim: The 90s sucked for being in a Metal-Band. Sogar die größeren Bands mußten sich dem Markt anpassen und sich entsprechend verändern. Also wirklich keine gute Zeit für eine Platte für „Vivas..“.

 

 

Werdet Ihr mit dem Beantworten der Fragen aufhören, wenn ich „Say a prayer for me“ mit Bon Jovi vergleiche? Würdet Ihr zustimmen, daß die musikalische Ausrichtung auf „Vivas..“ zu weit gefächert bzw zu weit weg vom Debut war?

 

Dirk: Ich denke, daß „Say a prayer for me“ ein guter Song ist (für mich auch! – Frank). Vielleicht war das mein Fehler. Mir gingen die Vergleiche mit Geoff Tate auf die Nerven und so versuchte ich, meine Stimme ein wenig rauher zu machen. Ich suchte nach neuen Wegen zu singen. Ich bin ziemlich gut darin, andere Sänger zu imitieren und habe einige Party-Stücke parat. I can do Jon, Klaus, Dio, Geoff and even Tom Jones and Neil Diamond. Das war einfach eine Fun-Sache und führte zu Bon Jovi-Vergleichen. Ich gebrauchte diesen AOR-Stil absolut wissentlich, der Song selbst klingt nicht wie Bon Jovie, nur der Gesang. P.S. Ich habe damit aufgehört, LOL.

 

Jim: Yeah…zu diesem Zeitpunkt stand für mich fest, eher in eine heftigere, Thrash-Richtung zu gehen oder ein eine eher Hard Rock-mäßige, kommerziellere Richtung. Letztere machte mehr Sinn für uns, da diese immer noch von Melodien  und Songstrukturen bestimmt wird anstatt nur davon, wie schnell oder heavy die Musik war. Bon Jovi verkauften Millionen von Platten zu der Zeit, also dachte ich, „laßt uns einen Major-Deal bekommen“, um wenigstens eine Karriere zu haben. Leider im Rückblick erneut keine gute Entscheidung. Du mußt bedenken, wir leben in den USA, wo die Dinge anders waren als in Europa, wo man eher den traditionellen Metal unterstützt hat. Band wie Manowar verkauften massig Platten und Konzertkarten, während sie bei uns in Clubs spielten, traten sie in Ländern wie Portugal in Stadien auf. Es gab kein Internet, um uns zu zeigen, was bei Euch so alles abging und so wußten wir nicht, wie populär wir in Europa waren und dachten einfach, daß sich dort sicherlich ebenso wenig jemand für uns interessieren würde wie in den Staaten.

 

 

Was habt Ihr in den Jahren bis zur Reunion gemacht? Hattet Ihr reguläre Jobs oder konntet Ihr irgendwie mit Musik Euren Lebensunterhalt bestreiten?

 

Dirk: John startete sein eigenes Business, ich schrieb für TV und Werbung, machte Jingles. Ich nahm ein nicht-metallisches Solo-Album auf and kept the profile low. Jimmy hatte eine wirklich ganz gute Karriere als Produzent, Engineer und Komponist für alles mögliche. Er hatte auch viele Bands, aber das soll er Euch selbst erzählen.

 

Jim: Pretty much what Dirk said….ich zog 1995 nach LA und startete eine Karriere innerhalb der Musik, sowohl als Produzent und Engineer als auch als Songwriter und Performer. Ich habe echt jede Menge Sachen gemacht, Platten, engineering gigs, ich habe mit vielen coolen Leute zusammengearbeitet und tue das immer noch.

 

Wie schwer war es, die Band wieder zusammen zu bringen? Ich denke, in Anbetracht der Tatsache, daß sich mit der Band kein Vermögen machen läßt, muß das eine Herzensangelegenheit sein (meinen Respekt dafür, Jungs!). War jeder gleich voll dabei und wer war ursprünglich für die Reunion verantwortlich?

 

Dirk: Es war schwierig und einfach zugleich. Jimmy und ich waren sofort dabei. Wir beide haben Studios und arbeiten dort, aber Chuck (Kory, Drummer – Frank) war ein Problem, er hatte weder die Zeit, noch war er auf einer Wellenlänge mit uns. Bei John (Kristen – guitar) dauerte es eine Weile, aber letztendlich war er auch dabei. Greg (Bier – bass, was ein geiler Name – Frank) kam auf natürliche Weise zu uns, er kannte Mike schon als sie Kinder waren (Mike Buccellato – Original-Bassist, er kam 2013 bei einem Verkehrsunfall ums Leben, ihm ist die neue Platte gewidmet). Einen Drummer zu finden, war so eine Sache…unser Freund Jai Es spielte genauso auf unserem Album, genauso wie der Studiomusiker Joe Fugazi, jetzt haben wir Mark Jenkins zurück (spielte auf „Vivas Machina“ – Frank), aren´t we lucky?

 

Jim: Bascially, what Dirk said…für mich bedeutete das, meinen Stil wieder wie bei der Band gefordert anzupassen und das hat einige Zeit gedauert. Ich bin eigentlich mehr ein Rock-Gitarrist heutzutage, aber sobald ich meine 1985 Hamer Flying V spiele, mit der ich das erste Hittman-Album eingespielt habe, kommen die Riffs von ganz alleine. Writing took a bit of work to get back to that style, but it was definitely fun.

 

 

Jetzt zum neuen Album, das wir beide absolut LIEBEN, mehr als alles, was Ihr bisher gemacht habt. Sind die Songs alle neu oder hattet ihr noch Sachen von früher, die Ihr verwerten konntet?

 

Dirk: Bis auf „Out in the cold“ und „Code of Honor“ handelt es sich um komplett neue Songs, wir hatten ungefähr 20 Titel als Demo aufgenommen.

 

 

Ich denke, die Gitarren sind fantastisch, die Double-Leads insbesondere, voller Melodien und der Gesang ist ebenso brilliant wie die Rhythmus-Abteilung. Wie wichtig war es für Euch, die Songs trotz der ganzen Melodien in Richtung Metal zu halten und nicht zu soft zu werden wie so viele anderen mit ihren Keyboards/Synthies etc.?

 

Dirk. Wir haben das absichtlich so gemacht. Wir haben uns unsere erste Scheibe angehört. All die Sachen, die man dort gehört hat, das Songwriting und haben uns daran erinnert, wie wir geklungen haben. Was am natürlichsten war. We kept the keyboards and orchestra stuff to a minimum because they werent there on the debut. Wir haben noch genügend Zeit zum Experimentieren in der Zukunft, this one had to be straight up HITTMAN.

 

Jim: Ja…wir haben uns wirklich dazu entschieden, die Platte in Sachen Metal so traditionell wie möglich zu halten. 2 Gitarren, Drums, Bass und Gesang. A few keyboards for texture but otherwise, keep the pure essence of what we started as…a metal band.

 

 

Ich frage mich, wie Bands in der heutigen Pandemie-Situation überleben können, wenn Tourneen nicht möglich sind. Plattenverkäufe bzw Downloads werden nicht genug sein…habt Ihr darüber nachgedacht, die Platte womöglich zurückzuhalten, bis Tourneen wieder möglich sind?

 

Dirk: Nein, wir haben sie ein wenig zurückgehalten, aber jetzt gibt es nichts anderes, als die Platte zu hören. Vielleicht sind die Songs und womöglich weitere Neue Fan-Favoriten, wenn wir wieder live spielen können. Glaub mir, keiner denkt daran, reich zu werden. Es geht nur um die Musik und um die Fans.

 

Jim: Wir haben die Veröffentlichung von Mai auf September verschoben, was in der Welt der VÖs ganz normal ist. Ich weiß nicht, ob das was ausgemacht hat oder nicht. Glücklicherweise scheint die Platte von überall her gute Reaktionen zu bekommen, worüber ich sehr glücklich bin.

 

 

Wir würden Euch zu gerne mal live sehen, wie schwer ist es, zu proben, wenn die Bandmitglieder weit weg voneinander leben? Womöglich könnt Ihr das gar nicht?

 

Dirk: Near impossible. Wir haben nur ein paar Mal geprobt für die beiden Shows in Europa. Um aber absolut abzuliefern, braucht man mehr Zeit, um alles richtig zu machen, besonders als Sänger, der diese Art Songs singen muß. I will admit to being intimidated by them and instead of going all in I timidly held back. Wenn das alles vorbei ist, hätte ich gerne mehrere Monate Rehearsals, auf diese Weise wäre ich wieder 100% olympisch fit.

 

Jim: Ja, 3.000 Meilen auseinander zu sein bedeutet, daß WENN wir zusammenkommen, jeder besser seine Hausaufgaben gemacht hat und vorbereitet ist, die beiden Shows haben wir mit nur 4 Proben gespielt. Stell dir vor, du hast die Songs 27 Jahre lang nicht gespielt, dann trifft man sich wieder, hat neue Leute dabei und muß alles in 4 Rehearsals auf die Reihe bekommen. In Anbetracht dessen haben wir es ganz gut gemacht, denke ich.

 

 

Da Ihr Amerikaner seid, muß ich Euch bezüglich der abgelaufenen Präsidentschaftswahl fragen. Ich war schockiert, daß rund 70 Mio Amerikaner  einen Diktator wie Trump gewählt haben und jetzt sieht er wie ein stures kleines Kind nicht mal seine Niederlage ein. Glaubt Ihr, daß es Joe Biden gelingen wird, die Leute in den USA wieder zusammenzubringen? Wenn ich mir manche der Trump-Wähler so anschaue, könnte das schwierig werden..

 

Dirk: Destroy all humans indeed. Nun, er verhält sich wirklich wie ein Diktator, nicht wahr? Was mich am meisten killt, ist, daß seine Supporter den Wolf nicht sehen. Er erzählt Lügen und macht alle verantwortlich für seine Niederlage. Er untergräbt die Demokratie, er ist kein Mann des Volkes, er ist ein Autokrat. Wahlen nicht anzuerkennen ist, was Diktatoren die Geschichte hindurch getan haben. Die Wahl der Menschen zählt nicht, alles Fake und Betrug etc. Aber die Rechten sind so indoktriniert, daß sie das gar nicht bemerken. Sein momentanes Verhalten könnte ebenso gut das Ende der Vereinigten Staaten bedeuten, wie wir sie kennen.

 

Jim: Genau wie Dirk gesagt hat, and I will add that, as much as I would like to see it, I don’t think Joe Biden will be able to pull those Trump fanatics back from the ledge (no pun intended) and unite everyone…they’re too far gone. Wir sind als Nation zu sehr gespalten. Wir sind ein sehr großes Land mit sehr unterschiedlicher Bevölkerung und verschiedenen Denkweisen. I don’t see the United States ever really being “United” ever again.
Was ich vorhersehe sind weitere Unruhen und wenn wir die Leute sehen, wie sie ihre Waffen lieben, wie sie sich anziehen, als wären sie bei den Marines und jeden hassen, der nicht so denkt wie sie, denke ich, daß sich daraus eine Art Al Quaida bilden wird. radical acts of domestic terrorism and the like.  More mass shootings, only they will be politically motivated, not just random metally ill folks shooting up schools. Ich hasse Gewehre…ich wünschte, sie wären nie erfunden worden. Ich weiß, daß sich das komisch anhört von einem Typen, der in einer Band spielt, die Hittman heißt, lol….but this is how I feel. More Guitars, less guns, please…

 

Zum Abschluß muß ich Euch noch nach Stranger Things fragen (da war die Band mit „Metal Sport“ vertreten), wie ist das zustande gekommen? Wart Ihr da direkt involviert? Muß ja ein richtiger Metal-Fan gewesen sein, der sich Hittman für diese massiv erfolgreiche Serie ausgesucht hat. Der Typ im Wagen hätte ruhig noch länger „Metal Sport“ hören können, hahaha!!!

 

Jim: I do production music for a living. I have a few people representing my library and pitching to shows. So, one of my people specializes in period correct music, so he asked me to give him all my old band demos and albums. Da Stranger Things in den 80ern spielt, wollten sie Musik aus den 80ern, nicht einfach nur Musik, die so klingt, als stamme sie aus den 80ern, es mußte speziell aus dieser Zeit sein. Das Beste an der Szene in Stranger Things ist, daß sie die Demo-Version von „Metal Sport“ verwendet haben, nicht die Album-Version. So, if you had told me when we were recording that song in  1985 that it would be used in a hit TV Show in 2018….you know….I would have said “Get the F*ck outta here….” haha.

 

 

Gibt es sonst noch was, was Ihr loswerden wollt? Eure Chance!

 

Dirk: We’d love to thank the fans for all the love and support they have given us over the last 30 years and the surprise of a lifetime is the success of the new album.

 

Jim: Danke für das Interview und danke an jeden, der immer noch einen Grund findet, unsere Platten aufzulegen. It’s nice to know that what we did, and now continue to do is still appreciated. Hope we see you all soon.

 

Thank you so much.  For the interview and fantastic review.

 

 

Keine Ursache, das habe ich sowas von gerne gemacht….so eine geile Metal-Scheibe ist mir wirklich lange nicht mehr untergekommen und es wäre schön, wenn die Jungs entsprechend Unterstützung mit CD-Käufen bzw (bezahlten!) Downloads von Euch allen da draußen erfahren würde.

 

Frank

 

                                                                          Zum Inhaltsverzeichnis