Stuttgart, Schleyerhalle
03.08.19
Mittags
erst unseren Sieg gegen Dresden im Stadion reingezogen (und mit 5.000 anderen
auf unserem Hintertor-Provisorium singend die Tabellenführung in Liga 2
gefeiert, und auch wenn das nur eine Momentaufnahme auf dem Weg zum
hoffentlichen Klassenerhalt ist, bleibt es geil!!!) und dann in die verbotene
Stadt gefahren, um von der Legende Abschied zu nehmen.
Zunächst mal auf dem Parkplatz mit nem coolen Metaller aus Straßburg gefachsimpelt, danach das obligatorische Tour-Shirt gekauft und die mit 10.000 Leuten sehr gut gefüllte Halle bestaunt (hatte schon befürchtet, die Schleyerhalle sei womöglich zu groß) und dann dem Opener Alien Weaponry gelauscht. Die Neuseeländer begannen so, als ob man ihre berühmte All Blacks-Rugbymannschaft auf die Bühne gelassen hätte, mit Stammestanz und –Gesang und stiegen dann ebenso ungewöhnlich in ihren Set ein. Gewaltige Shouts (eben wie Stammesrufe), dazu massive Drums (die zu Beginn leider die Gitarre überlagerten) und teilweise sogar melodisch-zweistimmiger Gesang. Außergewöhnlich auch, daß hier nur selten englisch gesungen wurde und Songtitel wie „Kai Tangata“ oder „Raupatu“ am Start waren; wenn man dann noch bedenkt, daß die Jungs nicht mal volljährig sind (!), war das ein richtig geiler Auftritt, der dem alten Sack Guido natürlich nicht gefallen hat, wie ich ehrlicherweise erwähnen muß. Er fand es langweilig und eintönig. Mein Kumpel Achim sowie insbesondere Guidos Tochter Jessica fanden sich allerdings auf meiner Seite ein und die Publikumsreaktionen waren für eine total unbekannte Band, deren Stil nicht unbedingt zu den beiden nachfolgenden Bands paßte, okay.
Was dann allerdings von Anthrax kam, ließ keine zwei Meinungen mehr zu. Das waren rund 50 Minuten lang Power und Spielfreude, wie es besser kaum geht, die Gassenhauer wie „Caught in mosh“, „I am the Law“ oder „Got the time“ ließen echt kein Auge trocken und insbesondere Joey Belladonna klang meiner Meinung nach sogar besser als in den seligen 80ern, als die Band in der RoFa LB über Overkill und Agent Steel geheadlined hat. Zum Ende dann „Indians“, bei dessen Mosh-Part (Ihr wißt schon, WAAAAAAR DAAAAAAANCE!!!“) Charlie Benante urplötzlich aufhörte zu spielen und die Band sich anschloß. Belladonna forderte die Fans an der Seite mit deutlichen Worten auf, sich gefälligst von ihren Ärschen zu erheben, man würde hier schließlich Abschied von Slayer feiern. Erst danach ging’s weiter und die Band beendete ein beeindruckendes Konzert, welches für viel gute Laune gesorgt hat und mit seiner Euphorie und positiven Ausstrahlung in genauem Gegensatz zu dem stand, was kommen sollte.
Als Slayer gegen 22.30 Uhr die Bühne betraten, wurde es heftig, dunkel und distanziert, so wie immer eben. Nur daß es sich hier um das allerletzte Konzert in Deutschland bzw ganz Europa handelte und sich deswegen alles ein wenig anders anfühlte. Herrschte beim Opener „Repentless“ noch ein ziemliches Sound-Chaos, besserte sich das beim nachfolgenden „Evil (has no Boundaries)“ und ab „World Painted Blood“ konnte man dann sogar von einem akzeptablen bis guten Sound sprechen. Witzig, wie Tom Araya (der endlich seinen Rasierer wiedergefunden zu haben schien und nicht mehr wie ein 90-jähriger Hinterwäldler aussah) bei seinen Ansagen alleine im Dunkeln stand und wie ein Singer-/Songwriter rüberkam, nur um dann „Payback the Bitch, Motherfucker“ zu brüllen oder das Publikum aufforderte, laut „WAR“ zu brüllen, um dann in „War Ensemble“ einzusteigen. In der Mitte des Sets standen dann für mich mit „Gemini“, „Disciple“ und „Temptation“ Sachen, die ich nicht gebraucht hätte, wenn es so viele bessere Songs im Katalog gibt, aber das war auch schon alles, was man an Kritik üben konnte. Mit den letzten 7 Songs wurde dann der Klassiker-Modus eingeschaltet, „Seasons in the Abyss“ „Hell awaits“, „South of Heaven“, „Raining Blood“ und insbesondere der Show no Mercy-Uraltkracher „Black Magic“ sorgten für Stimmung, welche durch „Dead Skin Mask“ wieder runtergefahren wurde, bevor „Angel of Death“ ein feines Konzert beendete. Wie bei den anderen Gigs der Abschiedstournee, so blieb Tom Araya noch lange auf der Bühne stehen, wanderte nach links, schaute in die begeisterte Fanmenge, dann nach rechts, und danach in die Mitte, wo er die Euphorie der Fans in sich aufnahm, still und alleine. Sichtlich gerührt sagte er dann mit vor der Brust gekreuzten Armen „Auf Wiedersehen“ und „I will miss you guys“….und wenn ich dran denken muß, daß Slayer nicht mehr sein werden, während allerlei Überflüssiges die Szene „bereichert“, dann könnte ich kotzen…Farewell Slayer, proud to be there on your last night!!
Frank