Power Metal - Phönix aus der Asche?

Der Power Metal kommt wieder, True Metal-Revival, Rückbesinnung auf puren HM usw. usw., ich kann´s so langsam nicht mehr hören, was die selbsternannten Propheten der großen und kleinen Label-Werbeprospekte in letzter Zeit von sich geben. Es ist sicher unbestritten, daß die Zahl der Veröffentlichungen im Power Metal-Bereich in letzter Zeit zugenommen hat und an Charterfolgen von Bands wie Hammerfall kommt man auch nicht herum, aber da von einem Wiedererstarken des HM-Bereichs zu sprechen, erscheint mir zu weit hergeholt, denn betrachtet man sich dieses „Phänomen“ genauer, so bleibt von all der Euphorie kaum noch was übrig:

Die momentane Veröffentlichungsflut unterscheidet sich absolut nicht von denen anderer Metal-Bereiche, die irgendwann mal nach oben gespült wurden: Wie viele Death Metal-Scheiben gab es Anfang der 90er, als der traditionelle HM am Boden lag wie nie zuvor? Wo waren da all die „True“- Metal (was für ein dämlicher Begriff...)-“Fanzines“, die heute ihre fremdfinanzierte Klappe aufreißen, reißerische Sprüche über ihre Intoleranz und immer schon vorhandene Verbundenheit zum HM machen und wo sind diese Milchbärte, wenn dieser Trend wieder vorbei ist? (Das Mortal Sin gab es auch und gerade zu dieser Zeit, seit 1991 von uns selbst bezahlt und gratis verteilt, das sei hier nochmals erwähnt). Death Metal bis zum Exzess gab es und kaum eine jener vom RH sogar mit einer Sonderausgabe plus Sonder-CD hochgejubelten Bands hat den Rückfall des Genres in sein normales Schattendasein überlebt. Die Qualität der in einer solchen Hochphase unters Volk gebrachten CD´s spielt hier die entscheidende Rolle und dieses Kriterium wird auch dafür sorgen, daß die momentan zusammen mit dem traditionellen HM hochgespülten Black-Metal-Bands, ebenso wie ihre melodischen Power Metal-Pendants, bald wieder von der Szene verschwinden werden. Bei den Schwarzmetallern reicht meine Begeisterung für eine genauere Analyse nicht aus (Dimmu Borgir sind musikalisch okay, Cradle of Filth sind besser, nerven aber durch das dumme Gekreische ohne Ende, dies nur zu den bekanntesten Bands, zum Rest solltet ihr vielleicht Guido „Black Metal“ befragen, der momentan voll drauf abfährt), beim Power Metal schon: Was hier alles hochgejubelt wird, nur weil man einen auf Metal macht, ist nicht zum Aushalten: Schrott wie Narnia, Nocturnal Rites, Pegazus oder Holy Mother wird da angepriesen, als Painkiller-Nachfolger bezeichnet und als Rettung der (Metal-) Welt. Kein Wort von teils nicht konkurrenzfähigen Zweitliga-Produktionen, die in einer Zeit, in der viele Demo-Bands erstklassige CD-Sounds produzieren vollkommen unakzeptabel sind und kein Wort von Songs, die nur so strotzen vor Ideenlosigkeit und Langeweile. Soll das die Wiedergeburt des traditionellen HM sein???

Oder vielleicht die Tatsache, daß es als Zugabe auch noch jede Menge „Wiedervereinigungen“ gibt, die kein Schwein braucht? Leute wie Kenny Powell, der sich nicht zu schade ist, den guten Namen Omen mit mies produziertem neumodischem Dreck und auch nicht in Originalbesetzung kaputtzumachen, wie John Drenning, der im MS Nr. 10 auf unsere ihm vorgebrachte bittere Kritik an dem Katastrophen-Album „Strange and beautiful“ entgegnete, man müsse „10 Jahre abwarten und sehen, wer recht hat“ und nun ganz plötzlich wieder seine alten Roots entdeckt hat (ebenso schnell hat er die seinerzeit plötzlich entdeckten Blues-Roots wieder vergessen) und, ebenfalls nicht in Originalbesetzung, jetzt wieder mit Crimson Glory anfängt...Wer braucht das??? Zudem sind die Charterfolge von Blind Guardian ein alter Hut, den hatten sie auch schon vor 3 Jahren und davor haben sie auch schon massig Scheiben in Deutschland verkauft, sind also nicht mit dem angeblichen HM-Höhenflug gleichzusetzen und begründet haben sie ihn auch nicht, einzig Hammerfall und Primal Fear (beide mit tollen Scheiben) haben überrascht, Savatage werden dermaßen gepusht, daß der Chartentry keine Überraschung gewesen ist, bei Gammy Ray dasselbe (die letzte CD ist aber trotzdem sehr gut) und außerdem sollte man bei aller Euphorie nicht vergessen, daß die meisten dieser Bands nur 1 Woche hoch in den Charts stehen und 2,3 Wochen später wieder draußen sind - richtigen Erfolg stelle ich mir anders vor.

Zudem vergessen die Traumtänzer und Metal-Dauerjubler etwas ganz entscheidendes: Zur Szene, so wie sie sich ab 82/83 herum dargestellt hat, gehörte etwas, was die heutige niemals haben kann und wird: Diese ganz besondere Aufbruchstimmung eines langsam größer werdenden Undergrounds, der seinerzeit mit einem Klassiker nach dem anderen an die Oberfläche kam (an dieser Stelle sei an die (alten) Scheiben von Overkill, Testament, Flotsam and Jetsam, Agent Steel, Anthrax, Savage Grace, Heir Apparent, Onslaught, Fifth Angel, Q5, Leatherwolf, Griffin uvm. erinnert), diese niemals wiederkehrende Atmosphäre in den Konzerten und die Fanzines, die voll und ganz hinter der Musik standen und sich nicht vor lauter Wachstums-und Kommerzzwängen (sprich: des Geldverdienenmüssens) an die Labels verkaufen mußten.

Daß wir uns hier nicht mißverstehen: Auch wir freuen uns über die Tatsache, daß es wieder mehr melodische, tradtionelle HM-Sounds gibt, doch bei all dieser Freude sollte man kritikfähig bleiben und diese ganze Welle als das sehen, was sie ist: Eine kurzzeitige Erscheinung, die sich ebenso schnell wieder legen wird, wie alle Trends zuvor auch.

Frank